Barrierefreiheit in Wohneigentumsanlagen (BGH)

21.02.2017

Der Einbau eines Personenaufzugs durch einen einzelnen Wohnungseigentümer auf eigene Kosten darf in dem gemeinschaftlichen Treppenhaus grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn alle übrigen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung hierzu erteilen. Dies gilt auch dann, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen; die übrigen Wohnungseigentümer können allerdings verpflichtet sein, den Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe zu dulden.

BGH, Urteil vom 13. Januar 2017 - V ZR 96/16

Der Einbau eines Personenaufzugs durch einen einzelnen Wohnungseigentümer auf eigene Kosten darf in dem gemeinschaftlichen Treppenhaus grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn alle übrigen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung hierzu erteilen. Dies gilt auch dann, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen; die übrigen Wohnungseigentümer können allerdings verpflichtet sein, den Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe zu dulden.

In seiner Entscheidung musste der BGH eine Interessenabwägung einzelner Grundrechte vornehmen: Neben dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG), welches alle Wohnungseigentümer betrifft, ist auf Seiten des einzelnen Eigentümers Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu beachten, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.

Die Interessenabwägung wird in der Regel ergeben, dass die übrigen Wohnungseigentümer die Anbringung eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe durch einen Wohnungseigentümer dulden müssen, wenn dieser oder ein Angehöriger unter einer erheblichen Gehbehinderung leidet. Anders liege es jedoch bei dem Einbau eines Personenaufzugs. Dieser begründe einen rechtlichen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG. Eine entsprechende bauliche Veränderung sei nur mit erheblichen Eingriffen in die Substanz des Gemeinschaftseigentums machbar und verenge in aller Regel - wie auch in dem vorliegenden Fall - den im Treppenhaus zur Verfügung stehenden Platz erheblich. Bei lebensnaher Betrachtung erfordere er schon wegen der bauordnungs- und brandschutzrechtlichen Vorgaben einen massiven konstruktiven Eingriff in den Baukörper. Zudem könnte private Verkehrssicherungspflicht im Außenverhältnis zu Dritten Haftungsrisiken auch für die übrigen Wohnungseigentümer mit sich bringen. Ein Rückbau setze erneut erhebliche Eingriffe in den Baukörper voraus, die nur mit großem baulichem Aufwand erfolgen können und ihrerseits neue Risiken bergen.

Des Weiteren solle im vorliegenden Fall der einzubauende Personenaufzug nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen. Hierdurch werde diesen ein Sondernutzungsrecht an dem für den Einbau vorgesehenen Treppenhausteil eingeräumt; dafür bedürfte es aber einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer, da die übrigen Wohnungseigentümer von dem Gebrauch eines Teils des gemeinschaftlichen Treppenhauses ausgeschlossen würden.

Schließlich sei das Ergebnis auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Zwar sei die Wohnung des Eigentümers den Feststellungen des Berufungsgerichts zufolge schwer veräußerlich und für eine gehbehinderte Person nur mit einem Personenaufzug gut zu erreichen. Es habe sich aber ein Risiko verwirklicht, das der Eigentümer eingegangen ist, als er in der konkreten Region eine im fünften Obergeschoss gelegene Wohnung erworben hat, die mit niederschwelligen Hilfsmitteln wie einem Treppenlift nicht ohne weiteres zugänglich gemacht werden kann. Aus dem Grundgesetz lasse sich nicht ableiten, dass die daraus resultierenden Erschwernisse zu Lasten der übrigen Wohnungseigentümer abzuwenden seien. Deren Wohnungseigentum ist nämlich ggf. ebenfalls schwer veräußerlich und würde mit zusätzlichen Nachteilen und Haftungsrisiken belastet.

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